Was tue ich?

Ich darf, beginnend vom 01.09.2014 elf Monate lang an der Visions of Hope Christian School “Rose of Sharon” auf den Philippinen ein Freiwilliges Soziales Jahr machen.
Die Kinder, die ich dort unterrichten und lieb haben darf, sind ehemalige Straßenkinder im Alter von drei bis sechzeh Jahren.
Als eine von insgesamt 17 Freiwilligen, die ADRA live dieses Jahr in verschiedene Länder entsendet, habe ich nun die Möglichkeit, von meinem Überfluss abzugeben und durch meine Zeit und meine Kraft das Projek zu unterstützen und mitzuhelfen, dass Menschen wieder hoffen können.

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Hast du?

Hast du schon mal am Boden deines Hauses mit einem Messer Dosen geöffnet?
Hast du schon mal einen Ventilator als Notenständer missbraucht, einfach, weil er die richtige Höhe hatte?
Hast du schon mal aus grünem Plastikpackband Wäscheleinen von einem Fenster des Zimmers zum anderen gespannt?
Hast du schon mal mit Hilfe zweier Haken, einer Stange und einer Fleecedecke eine Toilettentür improvisiert?
Hast du schon mal ein Schachspiel gehabt, dessen Springer Stopfgarnknäuel, dessen Türme Muscheln sind und dessen König eine halbe Walnuss ist?
Hast du schon mal Antimückenspray  als Ameisenvernichtungsmittel verwendet, und festgestellt, dass es denen ebenso wenig bekommt, wie den Moskitos?
Hast du schon mal mit Reis in Milchpulvermilch verteilt versucht, ein Müsli zu imitieren?
Nein?
Dann warst du wohl nie Philippinenfreiwilliger!!

In einem Land, in dem auf die Frage: "Wann fahren wir?" mit Sicherheit die Antwort: "Heute!" folgt, das bei einem medial um die ganze Welt ziehenden Wetterunglück lieber schläft und Percy Jackson schaut, bis es vorbei ist und in dem es nicht ungewöhnlich ist, ein kaputtes Türschloss drei Monate lang nicht auszutauschen, sondern einen kleinen banalmechanischen Riegel an der Innenseite zum sicheren Schließen der Tür anzubringen, ist Improvisation alles! Hast du Fantasie, kannst du überleben! Das haben wir in den letzten Monaten getestet und auf vielfache Weise erfahren, wie obige Beispiele nur im Ansatz andeuten. Unsere deutschen Vorstellungen von Perfektion, von Effizienz und Koordination werden so völlig auf den Kopf gestellt,dass es nicht leicht ist, seine Vorstellungen von Arbeit mit dem, was man hier vorfindet zu kombinieren. Aber es funktioniert. Jeden Tag. Und es macht unglaublich Spaß, mit den Mitteln die man hat, mit dem, was man findet, kreativ zu werden und damit das Leben zu meistern, denn mal im Ernst, mit Dosenöffnern, Notenständern, Wäschetrocknern, verriegelbaren Türen, geschnitzten Holzfiguren, Silikon in allen Fugen und Ritzen und Vollkornmüsli und Bergbauernmilch kanns ja jeder, oder? 

Sonntag, 7. Dezember 2014

Sturmfrei?!

Die Blätter stehen still. Wie versteinert liegt die Welt um uns da, wie ein gemaltes Bild, das nur wegen der Kunstfertigkeit seines Meisters immer, wenn man nicht hinsieht, den Anschein macht, als bewege es sich. Der stumpfgraue Himmel hängt über uns, wie eine Stahlplatte und begrenzt die Gedanken. Kein Vogel singt, die Strasse ist leer. Keine Jeepney-hupe, kein Tricyclegeknatter zerreißt die Stille und sägt an den Nerven, wie üblich. Um uns die grauen Mauern, über uns die graue Wolkendecke, in uns grosse Fragezeichen. Die Ruhe vor dem Sturm.

Wir erwarten seit gestern den heftigsten Taifun diesen Jahres. Unterbrechen unsere normalen Stundenpläne, laden unsere Handys, suchen unsere Notfallkontaktdaten. An der Ostküste sind ganze Landstriche evakuiert worden. Es sind Bilder wie in der Tagesschau: Menschen, zusammengedrängt in Turnhallen und Kirchen, Palmen, die sich dem Sturm beugen, Holzbretter und Hausteile, die in chaotischen Haufen durcheinander liegen. Doch noch ist er nicht hier. Hagupit heißt er, in unserer Gegend auch Ruby. Keiner weiss, wohin er zieht, keiner weiss, was passiert. Mit den Erinnerungen an Hayan noch frisch im Gedächtnis, erwarten die Menschen einen Sturm, der genau die selbe Gegend treffen soll. Doch die Prognosen versagen. Hagupit wird langsamer, ändert die Richtung, verspätet sich. Und wir warten. In der Ruhe vor dem Sturm, die fast greifbar ist.