Was tue ich?

Ich darf, beginnend vom 01.09.2014 elf Monate lang an der Visions of Hope Christian School “Rose of Sharon” auf den Philippinen ein Freiwilliges Soziales Jahr machen.
Die Kinder, die ich dort unterrichten und lieb haben darf, sind ehemalige Straßenkinder im Alter von drei bis sechzeh Jahren.
Als eine von insgesamt 17 Freiwilligen, die ADRA live dieses Jahr in verschiedene Länder entsendet, habe ich nun die Möglichkeit, von meinem Überfluss abzugeben und durch meine Zeit und meine Kraft das Projek zu unterstützen und mitzuhelfen, dass Menschen wieder hoffen können.

Donnerstag, 25. Dezember 2014

Hast du?

Hast du schon mal am Boden deines Hauses mit einem Messer Dosen geöffnet?
Hast du schon mal einen Ventilator als Notenständer missbraucht, einfach, weil er die richtige Höhe hatte?
Hast du schon mal aus grünem Plastikpackband Wäscheleinen von einem Fenster des Zimmers zum anderen gespannt?
Hast du schon mal mit Hilfe zweier Haken, einer Stange und einer Fleecedecke eine Toilettentür improvisiert?
Hast du schon mal ein Schachspiel gehabt, dessen Springer Stopfgarnknäuel, dessen Türme Muscheln sind und dessen König eine halbe Walnuss ist?
Hast du schon mal Antimückenspray  als Ameisenvernichtungsmittel verwendet, und festgestellt, dass es denen ebenso wenig bekommt, wie den Moskitos?
Hast du schon mal mit Reis in Milchpulvermilch verteilt versucht, ein Müsli zu imitieren?
Nein?
Dann warst du wohl nie Philippinenfreiwilliger!!

In einem Land, in dem auf die Frage: "Wann fahren wir?" mit Sicherheit die Antwort: "Heute!" folgt, das bei einem medial um die ganze Welt ziehenden Wetterunglück lieber schläft und Percy Jackson schaut, bis es vorbei ist und in dem es nicht ungewöhnlich ist, ein kaputtes Türschloss drei Monate lang nicht auszutauschen, sondern einen kleinen banalmechanischen Riegel an der Innenseite zum sicheren Schließen der Tür anzubringen, ist Improvisation alles! Hast du Fantasie, kannst du überleben! Das haben wir in den letzten Monaten getestet und auf vielfache Weise erfahren, wie obige Beispiele nur im Ansatz andeuten. Unsere deutschen Vorstellungen von Perfektion, von Effizienz und Koordination werden so völlig auf den Kopf gestellt,dass es nicht leicht ist, seine Vorstellungen von Arbeit mit dem, was man hier vorfindet zu kombinieren. Aber es funktioniert. Jeden Tag. Und es macht unglaublich Spaß, mit den Mitteln die man hat, mit dem, was man findet, kreativ zu werden und damit das Leben zu meistern, denn mal im Ernst, mit Dosenöffnern, Notenständern, Wäschetrocknern, verriegelbaren Türen, geschnitzten Holzfiguren, Silikon in allen Fugen und Ritzen und Vollkornmüsli und Bergbauernmilch kanns ja jeder, oder? 

Sonntag, 7. Dezember 2014

Sturmfrei?!

Die Blätter stehen still. Wie versteinert liegt die Welt um uns da, wie ein gemaltes Bild, das nur wegen der Kunstfertigkeit seines Meisters immer, wenn man nicht hinsieht, den Anschein macht, als bewege es sich. Der stumpfgraue Himmel hängt über uns, wie eine Stahlplatte und begrenzt die Gedanken. Kein Vogel singt, die Strasse ist leer. Keine Jeepney-hupe, kein Tricyclegeknatter zerreißt die Stille und sägt an den Nerven, wie üblich. Um uns die grauen Mauern, über uns die graue Wolkendecke, in uns grosse Fragezeichen. Die Ruhe vor dem Sturm.

Wir erwarten seit gestern den heftigsten Taifun diesen Jahres. Unterbrechen unsere normalen Stundenpläne, laden unsere Handys, suchen unsere Notfallkontaktdaten. An der Ostküste sind ganze Landstriche evakuiert worden. Es sind Bilder wie in der Tagesschau: Menschen, zusammengedrängt in Turnhallen und Kirchen, Palmen, die sich dem Sturm beugen, Holzbretter und Hausteile, die in chaotischen Haufen durcheinander liegen. Doch noch ist er nicht hier. Hagupit heißt er, in unserer Gegend auch Ruby. Keiner weiss, wohin er zieht, keiner weiss, was passiert. Mit den Erinnerungen an Hayan noch frisch im Gedächtnis, erwarten die Menschen einen Sturm, der genau die selbe Gegend treffen soll. Doch die Prognosen versagen. Hagupit wird langsamer, ändert die Richtung, verspätet sich. Und wir warten. In der Ruhe vor dem Sturm, die fast greifbar ist.

Sonntag, 30. November 2014

Jerbie

"I think hail only comes from cumulus nimbus clouds, or what do you think?", er sieht mich direkt an.
Der grau verhangene Himmel ueber uns scheint haemisch zu grinsen und laesst spoettisch einen Regentropfen auf meinen Scheitel fallen. "Oh, really? Ya, that's possilble!", sage ich und in diesem unfassbar eloquenten Satz spiegelt sich meine Ratlosigkeit.
Ich liebe Wolken! Schleierwolken, und Quellwolken und Schaefchenwolken. Aber meine Gymnasialbildung reicht bei weitem nicht fuer solche meteorologischen Sachverhalte aus. Klein und demuetig stehe ich vor diesem vielleicht vierzehn Jahre alten Jungen, der mit einer Selbstverstaendlichkeit alle europaeischen Hauptstaedte mit Laendern aufzaehlt, Gedichtraetsel verfasst, saemtliche Liedtexte auswendig parat hat, sich in Weltgeschichte, Geografie und Philosophie weit besser auskennt, als manch ein deutscher Schueler.
Dieser Junge, der wohl seinen Atlas, seinen einzigen Besitz und groessten Schatz auswending kann, die Buecher frisst, wie eine Raupe Nimmersatt und wohl der naechste philippinische Praesident werden wird, beeindruckt mich immer wieder. Mit den weichen Gesichtszuegen seines Bruders Gino ausgestattet, mit Mut, sein Wissen auch anzubringen, mit dem Charme eines Gelehrten und dem leisen Duft einer grossen Zukunft vor sich herwabernd, geht er durchs Leben. Und laesst mich mit seinen urploetzlichen Fragen immer wieder alt aussehen. Und erleuchtet damit doch seine Umwelt.
Und mich.

Janine

Die schwarzen, kinnlangen Haare fallen nach vorn ueber ihr huebsches Gesicht, als sie sich in einer ruckartigen Bewegung, die aussieht, als wolle sie aufstehen nach vorn lehnt und nochmal von Neuem beginnt. Das Lich der Nachmittagssonne faellt schraeg durch die schmutzigen Glaslamellen auf ihre Zuege und gibt den vollen Lippen, die sie wie alle ihre Geschwister traegt, den wachen Augen und der platten Nase einen lieblichen Hauch. Sie spielt gut, was wohl daran liegt, dass ihr Englisch so gut ist, dass sie mich zumindest versteht, und weiss, was ich von ihr will. Vor ihr hatte ich Klavierschuelerinnen, die geschlagene zehn Minuten damit verbrachten, eine Tonleiter mit dem richtigen Fingersatz zu spielen- und jetzt sie. Sie, die huebsche, freundliche, angenehme Gestalt, die mich so sehr an den kleinen Gino (treue Leser haben schon von ihm gehoert) erinnert, ihren Bruder. 
CDEFGAHC-langsam und doch zielstrebig und sicher finden ihre Finger die Toene, kaum dass sie die Tasten beruehren. Sanft und fast schon scheu drueckt sie die geliebten weissen Holzkloetze herunter. "1-2-3-1-2-3-4"- ich stocke. Will den Fingersatz nicht weiter sagen. Einen Moment starre ich auf ihre Hand, dann kommt es mir doch ueber die Lippen. "Five" 
Sie gehorcht geduldig. Fasziniert sehe ich weiterhin auf ihre Hand. Ich will schreien: "Du musst das nicht machen! Nicht, wenn es dich schmerzt, nicht, wenn es dir unangenehm ist. Janine, ich bin so stolz auf dich!"
Aber sagen kann ich es nicht. Sagen kann ich nur: "Very good!" Und weiter ihren kleinen Finger betrachten, der nach zwei Fingergliedern einfach endet und den sie so selbstverstaendlich benutzt, als waere es unnormal, drei Fingersegmente und einen Fingernagel zu haben. 
Was ist wohl passiert? In was fuer einem Kampf hat sie ihn verloren? Was ist das fuer eine Geschichte? 
Was ist das fuer eine Heldin!

Sonntag, 16. November 2014

Abby

Erwartungsvoll sitzen wir da; wie die Huehner auf der Stange hat sich der gesamte Staff (also alle Mitarbeiter des Campus') inklusive Kueche und house keeping in einer Reihe, die vom einen Ende unserer Kantine bis zum anderen reicht, auf den weissen Palstikstuehlen aufgereiht. Die Ansage war auf Tagalog und wir haben keine Ahnung, was kommt. Es sind Ferien, alle Lehrer haben zusammen einen bunten Abend fuer die hier gebliebenen Kinder veranstaltet und dieser geht soeben zu Ende... Nur das noch, dann koennen wir in die Federn. Die Chefin fuer heute abend-Mae- ruft ein Kind auf, ans Mikrofon zu kommen, dann noch eins, dann ein weiteres. Immer mehr Kinder heben die Hand und wollen etwas sagen. Aus den wenigen Brocken, die ich verstehe, schliesse ich, dass es Danksagungen sind. Die Kinder, die sonst oft so frech, aufsaessig und ungehorsam sind, denen man anscheinend nichts geben, nichts beibringen kann, wollen von sich aus Danke sagen!!

Als mehr und mehr Kinder aufstehen, greift Mae kurzerhand zum Radikalschlag: "You have five minutes- say, what you have to say!" (Ihr habt fuenf Minuten, sagt, was ihr sagen wollt)
Einen Moment ist es ganz still. Dann loest sich das erste Kind aus dem Haufen und stuermt auf seinen Lehrer zu. Dann noch eines, noch eines, noch eines. Eine, vielleicht zwei Sekunden lang sitze ich da. Schweigend. Nachdenkend. Wird ueberhaupt ein Kind zu mir kommen? Habe ich mich in die Herzen der Kinder, in irgendein Herz schleichen koennen? Habe ich etwas bewirkt? Wollen sie mir etwas sagen? Kennen sie ueberhaupt meinen Namen?
Ploetzlich fliegt etwas auf mich zu. Schwarze Haare, kleine Kinderarme, die sich um meinen Hals schlingen. "Teacher Melanie, I love you!", fluestert sie mir ins Ohr. Ich kann sie einfach nur festhalten, bevor drei, fuenf, zehn Kinder auf mich einstuermen und jeder ein Stueck von mir will. Meine kleine, manchmal echt nervige, aber immer treue, das erste Kind, dass ich hier mit Namen kannte, meine kleine huebsche, musikalische Abby.  

Der schoenste Tag im Leben...

Ich stehe an der Ecke des Raumes, bin gerade erst durch die offene Glasfassade eingetreten. Der Wind faehrt mir durch die- nach langem Suchen massgeschneiderte- Nationaltracht und spielt mit meinen Haaren.
Vollkommen fasziniert stehe ich da und staune. Die Halle ist in Lila-und Gelbtoenen dekoriert und die Lichter an der Decke spiegeln sich im weiss strahlenden Fussboden.
Doch das einzige, was meine Aufmerksamkeit fesselt, steht vor der Tuer. Zwanzig weiss gekleidete Frauen, davor in lila huebsch zurecht gemachte Maedchen und davor Familienangehoerige- Vaeter, Tanten, Mamas. Ploetzlich erklingt eine allzu bekannte Melodie und man vernimmt aus den Lautsprechern Wagner.
Und zu den Lohengrinklaengen, werden die Namen der Wartenden aufgerufen. "Treulich gefuehrt, ziehet dahin..." eine nach der anderen wird nach vorn geleitet und die Reihe der Wartenden wird immer kuerzer.
Als alle zwanzig Paare zusammen auf der Buehne Platz genommen haben, setzen auch wir uns in der Menge der Gaeste.
Eine Massenhochzeit.
Das erste Mal, dass ich so etwas sehe und als ich spaeter von einem Briten gefragt werde: "That was kinda awkward, huh?" (Das war ziemlich seltsam) kann ich nur zustimmen. Es ist so ganz anders, als alles, was man sich in seinen Maedchentraeumen und zartcremefarbenen Vorstellungen vom perfekten Tag im Leben hier in Europa ausmalt. Die ganze Zeit ueber habe ich das Gefuehl, das ganze waere nur eine Inszenierung, eine Unwirkliche Sache, eine Vorfuehrung. Die jungen Frauen in ihren weissen Kleidern, die Maenner, die die Ringe einfach aus der Hosentasche ziehen, die wenigen Lieder, die den Paaren gesungen werden- das alles wirkt auf mich, wie eine Darstellung von Hochzeit, aber nicht, wie eine ernsthafte Sache. Und dann kommen Gedanken.
Was ist ein Mensch wert? Was ist so eine Hochzeit wert, dass wir bei uns eine tausendprozentige Maerchenzeremonie aufziehen, am besten mit Schloss und Kutsche und Einhoernern und hier werden einfach zwanzig Paare auf einmal getraut? Wie viel Aufwand wird betrieben fuer solche Ereignisse bei uns in Deutschland? Und warum kommt es einem so seltsam vor, dass hier Menschen, wie auf einem Amt im Dutzend abgehandelt werden? Warum ist man selbst so verwoehnt und hat ganz genaue Vorstellungen, Ansprueche, Wuensche wohingegen diese Paare hier, fuer die das wohl der unfassbarste Tag im Leben war, gluecklich sind, ueberhaupt in solche einer Feier zu heiraten? (Die hier getrauten Paare koennten sich keine Hochzeit leisten, da es ehemalige Strassenfamilien sind und wurden deshalb von CCT gesponsort, damit sie, wenn auch alle zusammen, eine richtige Hochzeitszeremonie erleben konnten)
Worauf kommt es an? Auf die Blumendekoration? Den roten Teppich im Mittelgang? Die unfassbar schoen hergerichtete Tafel, an der die Paare spaeter Platz nehmen? Auf die weissen Kleider und die huebschen Blumenmaedchen? Auf den unterschriebenen Ehevertrag?
Macht nicht die Tatsache den Unterschied, dass es ein Tag, wie kein anderer im Leben sein soll? Dass dieses Ereignis unvergesslich, unvergleichlich wertvoll fuer diejenigen sein soll, die es erleben?
Wenn das das Ziel ist, wuerde ich sagen- Ziel erreicht!

Samstag, 1. November 2014

Resty

Da ist ein Kind. Es trägt den Namen Resty.
Es wirft mit Felsbrocken auf seine Lehrer, schlägt wahllos um sich und zieht sich schon so eine kleine Ganovenbande heran...
Er kennt kein Nein und kein Pardon und keinen Schmerz.
Als ich meine letzte Klavierschülerin gehen lasse (aus dem mit Spielsachen und seit neuestem Fahrrädern vollgestopften "Playroom", in dem das Klavier unglücklicherweise steht) schlüpft er mit seiner Bande hinein. Eine leichte Panikwelle packt mich. Schon haben die kleinen Jungs mit der Gangstervisage die Fahrräder okkupiert und sind damit auf und davon. Ich rufe ihnen hinterher, mehr aus Resignation, als ernsthafter Zurechtweisung, denn ich weiß  dass ich gegen sie keine Chance habe. Trotzdem falte ich sie auf Englisch ein wenig zusammen, starre sie an und warte, dass sie zurückkommen. Dann schießt mir ein Gedanke durch den Kopf- "Herr, ich kann nichts tun, hilf mir!!" Ganz kurz schließe ich die Augen. Als ich sie wieder aufmache, traue ich selbigen kaum. Unter den strengen Blicken unserer großen Mädels kommen die kleinen Ganoven zurück!! Einer nach dem anderen, wie die Tiere an der Arche Noah marschieren sie im Gänsemarsch wieder in den Playroom hinein, stellen die Räder ab und gehen! Ich bin völlig überwältigt.
Als letzter ist Resty dran. Er bleibt kurz bei mir an der Tür stehen, und sieht mich an. Ich warte auf Fäuste, Nadeln oder sonstiges Folterwerkzeug, doch er umarmt mich kurz und geht. Und lässt mich völlig sprachlos zurück.

Samstag, 4. Oktober 2014

Simpolen & James

Ich sitze unschuldigst am Tisch und unterhalte mich mit meinen schlauen Erstklässlerinnen. Sie erzählen mir von "upuan" und "mesa", von "ilong" und "isda" und freuen sich an meinen kläglichen Versuchen, das Gehörte nachzusprechen. Plötzlich wird mir von rechts etwas direkt vors Gesicht gehalten.
Meinen ersten, reflexartigen Impuls aufzuspringen und wegzulaufen, unterdrücke ich, so wie mein Verstand wieder die Oberhand gewinnt.
Was auch immer es ist, es kann nicht so gefährlich sein, dass man es nicht in der Hand halten könnte und wenn die Kinder ersteinmal spitz gekriegt haben, dass ich vor Krabbeltieren und dergleichen einen Gewissen Respekt habe, werde ich in meinem Bett und auf meinem Teller, im Unterricht, in meiner Wäsche und wo immer möglich, einen kleinen "Streichelzoo" aufmachen können. Deshalb keine Panik, ersteinmal in Ruhe anschauen. Als ich den Arm des Mädchens auf sicheren Abstand gebracht habe, sehe ich ungläubig einen schönen, schwarz glänzenden, daumengroßen Käfer.
Simpolen ist ihr Name und sie hat noch einen davon. In einer kleinen rosa Schachtel, wie zwei Puppen zum lieb haben, bewahrt sie sie auf.
"Der ist bestimmt tot!"; denke ich. Als er noch mit einem Fühler zuckt, rede ich mir ein, er ist eben noch im Todeskampf, aber als er wie vor Vergnügen anfängt zu quietschen und das Mädchen ihn mir ans Ohr hält, damit ich ihn deutlicher hören kann, reicht es dann doch. Mit einem Lächeln sage ich danke für die Käferbesichtigung und wende mich betont interessiert wieder meinen Mädels zu.
Heute wieder. Mein kleiner Freund James, der zu gerne an mir hoch und auf mir herunklettert, als wäre ich eine Palme und kein Mensch, präsentiert mir stolz einen zwei Fingerglieder langen, prächtig grün schillernden Krabbler. Diesmal greife ich zum Äußersten und streichle das Vieh sogar. Weil James der erste wäre, der mir mit Freuden bei meiner Streichelzooeröffnung helfen würde. Wenn im Umkreis von zweihundert Metern irgendetwas Kreuchendes, Kriechendes und Krabbelndes zu gegen sein sollte- James findet es und lässt es gegeneinander kämpfen. Er hat sogar einen kleinen rostigen Vogelkäfig, in dem er Geckos und fette Eidechsen fängt.
Deshalb- Augen zu und durch!!!

Gino

sEs war eine wunderbare Szene. Eine von denen, in denen man die ganze Welt umarme könnte, weil man den Schlüssel zu einerm Herzen gefunden hat.
Da ist ein Platz in meiner Klasse, der jeden Tag leer bleibt. "Gino" steht darüber. Wie oft ich diesen Gino schon gesehen habe? Vielleicht drei Mal.
Aber heute in der Mensa, wie spielten gerade ein Spiel (wem mehr Wörter mit demselben Anfangsbuchstaben einfallen) gesellte er sich zu uns. Er scheint stets etwas abwesend, nichts dringt wirklich zu ihm durch. Doch heute, beim Spielen, strahlte sein Gesicht auf, öffnete sich sein Blick bei jedem Wort, das er wusste. Ich war verblüfft über den Wortreichtum, den er an den Tag legte. Anschließend gingen wir noch zusammen Hände waschen und als ich seine kleinen Hände zusammen mit meinen einseifte, bildete er plötzlich mit erstaunlichem Geschick, das auf einige Übung schließen ließ, einen Hohlraum mit der Hand und ließ eine riesige Seifenblase steigen. Als er mein Erstaunen sah, leuchtete sein Gesicht abermals auf.
Hand in Hand gingen wir zu Tisch und ich wusste, ich hatte einen Freund gewonnen.

Jessa

"I love to sing for God!"
Sie schaut hinauf zu den Sternen. Den Kopf in den Nacken gelegt, die kleine Hand in meiner, genießen Jessa und ich den angenehm warmen Abend. Wir spazieren langsam über das Gelände und betrachten den Nachthimmel. Die Luft ist angenehm, die Bullfrösche haben noch nicht angefangen zu schreien und alles, was man hört, sind Grillen und ab und an die Straße, auf der ein Tricycle vorbeiknattert, oder einer von den unzähligen Mitsubishi-, Toyota-, oder Hyundaivans über unsere Bodenwellen holpert.
Neben einem schlanken Baum bleiben wir stehen. Ins völlige Schweigen platzt Jessa plötzlich: "Look at the beautiful stars! God created them all!"
Ich bin völlig perplex. Mit den Gedanken an meine verstorbene Großtante, den Urlaub meiner Eltern und all den anderen Neuigkeiten, die ich kurz zuvor aus dem Internet gezogen hatte, beschäftigt, überraschte mich dieser Satz plötzlich so sehr. "Yes, you are right-He did that!", sage ich, überwältigt von dem einfachen Glauben dieses Kindes. Gleich danach folgt dieser eingangs erwähnte Satz. Wir stehen und schweigen und starren in den Himmel hinauf. Und dann fängt sie an zu singen. Wir singen gemeinsam.
Was kümmert mich jetzt das Penzberger Volksfest, die 70 bis 200 Asylanten, die meine Stadt aufnehmen wird, oder meine Theatergruppe, die es in Erwägung zieht, Lysistrate zu inszenieren. Was zählt, als allein dieser Moment? Als allein zu leben?
Als allein der Augenblick hier?

Donnerstag, 25. September 2014

Hier bin ich... In Manila...

Es gibt ein wunderbares Lied, das meine Betrachtungen über die Prozedur zur Visumsverlängerung, die wir gestern über uns ergehen lassen mussten, bestens ersetzt....Es ist leider etwas länger und deshalb will ich nur noch vorausschicken- sooo schlimm wars gar nicht- vor allem die vielen verschiedenen wunderschönen Pässe aus aller Herren Länder haben es mir absolut angetan!!!

Einen Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars: http://youtu.be/Q52OcNr92fo

Montag, 22. September 2014

Field trip...

Es ist heiß. Es ist klebrig. Es ist schmerzhaft.
Aber in keiner Sekunde bereue ich es. Ich sitze mit zweiundzwanzig Kindern und drei Erwachsenen in unserem geliebten Minibus, in dem wir schon so viele wundervolle Stunden verbracht haben. Wir fahren auf Klassenfahrt. Dicht an dicht drängen sich die kleinen verschwitzten Leiber aneinander und die Klimaanlage, die uns sonst regelmäßig einen Hinrfrost verpasst, kommt gegen die gesteigerte Zellatmung in diesem Vehikel nicht an.
Auf der Hinfahrt hatte ich unser, von allen Seiten mit Liebe vollgestopftes Baby auf dem Schoß. Der Kleine war aber sehr genügsam und ist nach wenigen Kilometern aufrecht an mein Brustbein gelehnt weggeratzt. Die Rückfahrt war da schon spannender.
Fest und unangenehm gegen die Heckklappenverriegelungsmechanik gedrückt, schläft eine süße Rechamay auch noch mit dem Schädelknochen genau auf mein Schlüsselbein drückend, auf meinen linken Bein. Mittig, zwischen den Waden am Boden klemmt Hanna und auf dem rechten Oberschenkel liegt zusammengeklappt Nenen. Es ist heiß, es ist klebrig, es ist schmerzhaft. Ich kann mich kaum bewegen, döse selbst, halte aber bei jeder Bodenwelle und Unebenheit reflexartig sämtliche (vor allem Rechamays) Köpfe fest. Diese schlafenden Bündel, und kaum mehr sind sie, die wie die Kinder auf den Plastikstühlen im Mittelgang, nichts und niemanden zu bemerken scheinen, so klein und unbeholfen, aber so voller Leben, so wertvoll; sie lassen mein Herz hüpfen, meine Nasenspitze kribbeln und meine Augen lächeln...

Mittwoch, 17. September 2014

Hier ebenso...

Und bestimmt ab und an auch hier...

Manchmal auch hier...

Hier auch...

Und hier...

Hier bin ich...

Außrordentliche Lehrersitzung

"Rabbit" "Seal" "Lion" "Butterfly" "Cat" schallt es in meinen Ohren.
"Draw!" Mit bestimmter Miene wird mir ein Bleistift und ein DinA3-Löschpapier in die Hand gedrückt. Zu dritt knien wir auf dem Gang vor den Klassenzimmern, wo wir am ersten Tag so herzerweichend begrüßt wurden. Es regnet. Ich meine es regnet wirklich, draußen, vor der Überdachung. Meine abgewinkelten Beine beginnen zu schmerzen, aber es laufen ständig mehr Kinder hinzu. Durch den Regen, in ihren grün-gelben Uniformen, gekrönt von ihren pechschwarzen Haaren, rennen die Mädels mit ihren Schultaschen auf dem Kopf- damit sie nicht nass werden. Sie haben keinen Unterricht, wegen außerordentlicher Lehrersitzung.
Es ist wie in meinen Vorstellungen, die ich als kleines Kind von meinem Leben hatte- nur diesmal echt. Ich kann die Kinder anfassen, mit ihnen reden und manchmal ganz deutlich und schmerzhaft auch spüren, wenn mir eines auf den Fuß tritt, mich unerwartet anspringt, mir versucht die Finger zu verbiegen oder mich aus Versehen beißt.
Und während ich meine Striche auf dem Blatt verteile, damit die Kinder Schmetterlinge, Robben und Pinguine darin sehen, überkommt mich ein tiefes Glücksgefühl. Ja, hier bin ich richtig. 

Montag, 15. September 2014

Was will ich teilen?

Es gäbe so viel Neues, über das man schreiben könnte.

Gerade, wenn man in der Stadt unterwegs ist, findet man an jeder Ecke Inspiration, überall etwas zu sehen, etwas, das man eigentlich notieren müsste, eine Situation die Aufmerksamkeit und einen oder auch zwei Gedanken verdient. Zum Beispiel den zweckmäßigen Kleidungsstil, den man sich in Manila zulegen sollte. Man müsste nämlich hier immer darauf achten, eine Fleecejacke oder Vergleichbares dabei zu haben. Im tropischen Klima?
Jawohl! Sobald man nämlich ein Auto, einen Bus, ein Geschäft oder jeglichen bewohnten Innenraum betritt, wird man unweigerlich tiefgefroren. Das geht sogar so weit, dass man irgendwann froh ist, nach draußen zu dürfen, um einem Hirnfrost oder ernsthaften Erfrierungserscheinungen vorzubeugen. Der ständige kalte Wind müsste- aller Erfahrung nach- eigentlich Symptome wie Kopfschmerzen und im allgemeinen schmerzende Glieder hervorrufen. Doch das tut er nur ganz selten. Bleibt als Fazit, dass falls man die deutsche Januarkälte vermisst, nur einen KFC, einen Bus, einen Wendy's, einen Mc oder ähnliches aufsuchen muss, und schon kann man nach Herzenslust frieren...

Oder man könnte berichten, von der Morgendämmerung über der Stadt, wenn die Obdachlosen vor der hochglanzpolierten Spielebank aufwachen und Elend und Leichtsinn sich in bizarrer Weise treffen.
Oder von den Lichtern der Hochäuser, die wie kleine leuchtende Feenhöhlen nacheinander verlöschen.
Oder von Kinder, die in ihren Uniformen, wie die Ameisen um sechs Uhr morgens in die Schule pilgern.
Oder von dem Gefühl, das sich einstellt, wenn man angezischt, angestarrt, angepfiffen, angesprochen wird, wenn man mit ganz einfachen Sachen und nicht schön hergerichtet die Straßen druchschreitet.
Oder auch ganz alleine von einem einzigen Straßenzug, von dem es unmöglich ist, auch nur einen Überblick zu geben, verändert er sein Gesicht doch jede Sekunde so völlig.
Davon, dass es Tricyclefahrer gibt, die extra ihren Rückspiegel so einstellen, dass sie dich darin beobachten können.
Oder von Menschen, die auf dem Grünstreifen der vierspurigen Hauptstraße Manilas mit dem Ausdruck der völligsten Gelassenheit in Hängematten baumeln und den Verkehr beobachten, gerade so, als wäre das der selbstverständlichste Weg zu leben.
Oder von einem strahlend silbernen Fahhrad, das zwischen weitläufigen sonnenüberflutetem Wasserlöchern an der weit und breit einzigen Palme lehnt.
Von den Wasserlöchern und großen weißen Vögeln, die über die, mit lila Blumen überwucherten Sümpfe ziehen.

Ich weiß nicht, wovon ich erzählen soll.

Glück

Die Morgensonne bricht sich im Wasser, malt Streifen und kleine Wellen auf die Oberfläche und lässt die schwarzen Kinderhaare aussehen, als wären sie mit einem feinen Perlennetz überzogen. Das türkisblau des Pools im Kontrast zu den schwarzen Haaren und bunten Schwimmsachen und dann der gedeckte sandfarbene Stein der Einfassung geben ein malerisches Bild. Hier macht ein Kind einen Salto ins Wasser, dort springt ein eines mit Anlauf über ein anderes. Ihr kleiner Schwimmchampion brauchte heute 19 Sekunden für eine Bahn und wenn ab und zu ein kleiner Sonnenschein aus dem Wasser steigt, zu mir herüber rennt und verstohlen mit seinen kleinen Händen nach meinen greift, sie einnmal drückt um dann wieder im kühlen Nass zu verschwinden, habe ich kein dringenderes Bedürfnis, als diesen Moment einzufrieren, mitzunehmen, zu teilen, zu verschenken;
das Glück weitergeben, das von einem Paar nasser Kinderhände tropft....

Man sollte sich mit dem Koch anfreunden...

Es war eine filmreife Szene. Wir betreten vorsichtig die neonlicht erleuchtete Küche. Unsere Papiertüte, die wir bei der zusammengefalteten Fahrt im Tricycle wie einen Schatz gehütet haben, unterm Arm stehen wir in der Tür. 2,49€ haben wir bezahlt- für Bananenchips, Toilettenpapier, eine Packung Tofu, Bananen, Taschentücher, Sojamilch und ich weiß nicht, was noch alles.
Dort am Küchentisch sitzt ein für hiesige Verhältnisse großer, breitschultriger Mann mit einem verschmitzen Grinsen im Gesicht. Er bietet uns an, aus einem mindestens einen Meter durchmessenden Topf, voll dampfendem, blütenweißen Reis, zu schöpfen. Dazu stehe ein großer Teller Gemüse bereit.
Kuya Flo sei sein Name und während wir essen und scherzen, lachen und uns, soweit möglich unterhalten, entsteht in diesem Halbdunkel vor meinem geistigen Auge die Illusion eines gutmütig lächelnden Maorikoches, der auf seinen Kochtöpfen auch mal einen flotten Sambarhythmus trommelt, der pfeifend in seinen gemaserten Holzschüsseln geheime, mit viel Humor gewürzte Saucen anrührt...Der beim Widerschein des Feuers, der sich in seinen Lachfalten festhängt, von Runzel zu Runzel springt und sich schließlich in seinen Augen niederlässt, um dort, wen auch immer er beobachtet zu faszinieren, leise vor sich hinsummt. Die gute Seele in der Küche...

(Anmerkung: er ist wirklich Gold wert!! Seitdem er weiß, dass wir Vegetarier sind, macht er sich die Mühe und zaubert jeden Tag einen extra Teller für uns beide...und auch wenn überdurchschnittlich oft Omelette dabei herauskommt, hat er dabei schon oft kreative Höhenflüge gezeigt...das beste, was wir aus seiner Kelle gegessen haben war zweifelsohne ein Salat mit Mangos und Erdnussbutter angemacht....)

Die Eimerdusche

Kopfüber tauche ich in den Eimer. In einer seltsamen Mischung aus stehen und hocken beuge ich mich vornüber, um meine Haare so weit wie möglich alle in dem Eimer unterzubringen und sie alle nass zu machen, ohne dabei meine Kleidung zu gefährden. Als ich begreife, dass ich nicht so weit eintauchen kann, dass auch mein Hinterkopf nass wird- weder im Knien, noch im Hocken, noch im Stehen- nehme ich die kleine Schöpfschüssel und leere sie über dem noch trockenen Hinterkopf aus. Doch diese Prozedur erweist sich für meine europäischen, hirsegestärkten Pferdehaare erneut als zu mühsam. Kurzerhand hebe ich den Eimer an und stülpe ihn mir von unten über den heruntergebeugten Kopf. Drehe den Eimer, drehe den Kopf und als ich nach einer Weile endlich mit Turban und fertig gewaschenen Haaren, wie ein stolzer Sieger aus der Dusche marschiere, verwünsch ich insgeheim mein Vorhaben, meine Haare das ganze Jahr wachsen zu lassen, außer ich bekomme Läuse. Und als sie bei der tropischen Luft nach acht Stunden immer noch nicht trocken sind, beginne ich zu überlegen, welches Kind wohl Läuse haben könnte... :-D

Der Tag der Ankunft

Ich sitze auf der Schaukel, die kaum vier handbreit über dem Boden hängt. Sie ist an einem Baum befestigt und die Ketten schneiden ihm ins Fleisch, sobald ich mich auch nur ein bisschen bewege. Weit hinter den Campusmauern, in denen ich jetzt elf Monate leben werde, ragen aus dem Dunst die Berge auf. Aber nicht meine blauen, mit Nadelwald überzogenen  Alpen- es sind geheimnisvolle und unbestimmte Riesen, mit Umrissen, so schemenhaft, wie ein Schatten, deren Hänge mit Urwald bewachsen sind und die nachts seltsame Gerräusche von sich geben.
Meine Hände umfassen die Ketten etwas fester. Die Sonne bricht in einem ungewöhnlichen kupferfarbenen rot zwischen den Dunstschwaden hervor. Die feuchte Luft legt sich auf meine Haut, wie ein nasses Handtuch und die langsam aufkommende Abendbrise lässt die Blätter über mir leise flüstern. Ich schließe die Augen, will den Moment festhalten, aufehmen, sichern. Da höre ich das Getrappel vieler kleiner Füße, die durch das Gras geradewegs auf meinen Baum und meine Schaukel zurennen. "Teacher Melanie, teacher Melanie...!"...

Montag, 8. September 2014

Bald :-)

Ich sitze gerade im Office, also der Verwaltung der VOH-schule und kämpfe mit dem Internet. Es gelingt mir einfach nicht, die Verbindung davon zu überzeugen, meine Bilder in die große weite Welt hinauszuschicken. Deshalb nochmal der Hinweis auf meine Mitfreiwillige, die ich teilweise verlinkt habe. Der Lorenz hat wirklich wundervolle Bilder und der Johannes hat richtig gute Texte. Und das beste: die beiden haben Internet!! :-)

Also einfach mal dort vorbeischauen. Und wer die Möglichkeit hat, auf meinem Facebookprofil einfach mal reinschauen, da geht das Bilder hochladen nämlich seltsamerweise besser. Ich werde es aber auch hier immer wieder versuchen. Vielen Dank für die Geduld und ab nächster Woche, wenn wir hoffentlich endlich in unser Haus einziehen können und nicht mehr aus dem Koffer leben müssen und Eimerduschen, da kein fließed Wasser vorhanden, vollführen müssen, werde ich auch meinen Blog hier etwas ernster nehmen und regelmäßig Szenen aus dem Campusleben hier posten. Und wenn ich schon keine Bilder hochladen kann, dann will ich wenigstens versuchen mit Worten zu malen, mit der Sprache Bilder zu zaubern, denn Fotos kann man viele machen, aber das ganz persönliche Erleben kann man mit keinem Fotoapparat der Welt abbilden...

Eines noch vielleicht für heute: Wer hätte gedacht, dass man mit ein bisschen Handwäsche, (also ungefähr drei angesammelte Eimer voll) so viel Spaß haben kann, dass Regen (der jetzt grade hier runtergießt, und zwar wirklich!!! Deutscher Regen ist da eine Rasensprenganlage dagegen) so schnell kommen kann, dass man sich über ein Päckchen Haferflocken und ein Glas Erdnussbutter so freuen kann, und dass eine Plastikschöpfkelle und ein Eimer so ein wertvoller Besitz sein können, dass man mit zwanzig Personen in einem VW-Bus fahren kann, dass man in einer Woche mehr lernt, als in einem Monat zu Hause, dass man als Europäer einfach eine Nummer zu groß für die öffentlichen Verkehrsmittel, die Toiletten, die Stühle, die Decken und Waschbecken ist...und so regelmäßig der Vordermann die Knie in den Rücken bekommt, weil es einfach nicht anders geht!! Und wer hätte gedacht, dass ein Schlafsaal mit 20 Betten, mit Spülkästen, die man erst vollschöpfen muss, um dann zu spülen, mit schrecklich lärmenden Deckenventilatoren und tausender kleiner Miniameisen so schnell zu einem echten zu Hause werden würde...

Freitag, 29. August 2014

Tomorrow will be nothing like today...

Die erste Seite in meinem neuen Buch, das ich von zu Hause mitnehmen durfte, und das seit mehr als 24 in einem Lederbauchbeutel mit mir geht, beschreibe ich gerade am Flughafen in Dubai und es kommt mir vor, wie eine neue Seite, ein neues Kapitel, ja vielleicht ein ganz neues Buch meines Lebens.
Aber schon jetzt spüre ich, wie richtig und perfekt, wie gut und passend sich dieses neue Leben anfühlt. Es pulsiert durch meine Adern, es umschließt mich ganz und lässt keinen Platz für traurige und besorgte Gedanken. So viele Gedanken schießen mir durch den Kopf, jetzt um fünf vor Mitternacht, bzw fünf vor zwei. Was ist Zeit? Welcher Tag ist der richtige, der Gültige? Schon am Flughafen in München eröffnete sich eine ganz neue Welt gleich nach der Sicherheitskontrolle. Die strahlend weiß gekachelten Toilette, bei denen man sich fühlt, als betrete man den hell erleuchteten Himmel, sind von komplett schwarz verschleierten Muslimas bevölkert, was die ganze Szene unwirklich, geheimnisvoll und bizarr aussehen lässt und schon jetzt denke ich mir, wie soll ich alles das aufschreiben?
Die unvergleichliche Art eines meiner Mitfreiwillgen, wildfremden Leuten Studentenfutter anzudrehen und dabei noch sympathisch und ehrlich nett rüberzukommen, der letzte Blick zurück auf meine Eltern, den herzzerreißenden Abschied von meiner Oma, die Securitymänner, von denen man nie weiß, ob sie einen nicht grade mit ihrem Nacktscanner durchleuchtet haben und deshalb so grinsen- alle diese Eindrücke und Gedanken sollen doch nicht verloren gehen!!
Genauso, wie der Steward, der einem guten Freund wie aus dem Gesicht geschnitten sieht und sich deshalb den ganzen Flug lang meine neugierigen Blicke gefallen lassen musste, der Sonnenuntergang, der den gesamten Flügel unter mir in ein zartes rosa getaucht hat und die Ränder mit Gold angehaucht hat- mein Gehirn wird nicht reichen, um alles zu behalten!! Und dann Dubai- eine andere Welt, vielleicht sogar ein anderer Planet. Die Gateways mit Teppich ausgekleidet, um unnötigen Lärm zu vermeiden, die Lichter, die silbernen Aufzüge und Wasserfälle, die glitzernden Waschbecken und Goldfische in der Mitte des Terminals und mitten drin Johannes und ich, die ein Wettrennen gegen die Thrombose veranstalten... Und dann der Willkommensslogan, (als ich mich von meiner reizenden fünfjährigen Sitznachbarin verabschiedet hatte), als ich aus dem Flugzeugtunnel stieg und der an der Wand allen Neuankömmlingen bedeutungsschwanger mitgibt: Tomorrow will be nothing like today...
und so war es auch...und so sitze ich hier, nach einem gefühlt ewig langen Flug dem Sonnenaufgang entgegen und habe schon alle Gesundheitsregeln gebrochen, und in den wenigen Stunden in Manila so viel gesehen-vom tropisch heißen Regen der uns empfing bis hin zu Restaurantsecurity die einen mit dem Regenschirm von auto abholt, über die ersten Schaben, unfassbare Stromleitungen und der Frage nach der philippinischen Vorfahrt (wer zuerst kommt fährt zuerst) dass ich jetzt schon über glücklich bin hier zu sein. Mit (entgegen aller Erwartungen einem Bett, einer Dusche UND Internet) allem was man braucht und Gott als Expeditionsleiter muss ich sagen: tomorrow will be nothing like today...
Pictures to follow...

Donnerstag, 28. August 2014

Packing up the dreams...

11:24 und 56 Sekunden sagt meine Uhr im Wohnzimmer. Die Uhr, die mir seit ich klein war zuverlässig das Datum und die Außen- und Innentemperatur und natürlich die Uhrzeit angezeigt hat.
In quasi sechs Minuten ist Abfahrt. Abfahrt zum Flughafen. Mein erster Flug- ich bin sehr aufgeregt und nach dem teils stressigen, teils amüsanten Kofferpackstress gestern abend (und jaa auch ein bisschen heute morgen) will ich einfach nur noch losmachen. Alle Erwartungen, alle Befürchtungen, alle aufgestauten Bilder im Kopf, alle Abschiedsbriefe, alle guten Wünsche und alle Träume haben nur auf diesen Moment gewartet, den Moment, in dem alles beginnt...
Ich habe ein Lied zum Abschied bekommen, das mich mehr als einmal zum weinen gebracht hat: Friends are friends forever von Michael W. Smith.... Nachdem ich also meine Träume jetzt eingepackt habe, und weiß, dass meine Freunde, Freunde für immer bleiben werden, ist es jetzt Zeit. Zeit zu gehen, Zeit loszufliegen, Zeit zu leben!

Freitag, 25. Juli 2014

Musik wischt den Staub des Alltags von der Seele...

Noch im Schlafanzug, barfuß und mit verstrubbelten Haaren stehe ich vor ihm.
Dem Koffer.
Dem Koffer, der gestern bei meinem Benefizkonzert als Schatzkiste, als Geldkistchen, als Spendenbox gedient hat.
Mit zitternden Händen öffne ich den Reißverschluss der Vordertasche und beginne langsam einen Schein nach dem anderen herauszuziehen. Das bunte Papier raschelt zwischen meinen Fingern und ich bilde ordentliche Stapel. Noch einen und noch einen und noch einen Schein befördere ich ans frühe Tageslicht. Ich bin überwältigt, absolut erstaunt, grenzenlos dankbar!
Nachdem ich (mit Hilfe von Taschenrechner, Bleistift und viel Geduld für das Kupfer) fertig bin mit zählen, entwischt mir ein kleiner Freudenschrei!!
Mit Euer aller Hilfe durfte ich heute 890,22€ an Barspenden zur Bank tragen und sicher überweisen!!! Dabei ist noch nicht das Geld der mindestens 12 Paten eingerechnet, die ihr Geld lieber überweisen wollten!

Vielen herzlichen Dank an alle, die gestern zu meinem Benefizkonzert waren und gespendet haben!!
Es war ein wunderschöner Abend (hier auch noch mal ganz ganz lieben Dank an meine Mitkünstler- Ihr seid die Größten!!!) und mir hat es richtig Spaß gemacht das Ganze zu organisieren und letztendlich durchzuführen!
Danke danke danke!!! Jetzt kann es wirklich bald losgehen!!!

Donnerstag, 17. Juli 2014

Endlich da: Benefizkonzert!!!!

Es gibt große Neuigkeiten:

Frisch vom Ausreiseseminar zurückgekehrt, mit Koffern voller Bilder und Träumen, mit nützlichen Verhaltenstipps und Sicherheitshinweisen im Gepäck, bin ich glücklich, eine aufregende Bekanntmachung zu machen:

Am Donnerstag, den 24.07. um 19.00 Uhr in der Schulstraße 5 in Penzberg

darf ich mein Benefizkonzert stattfinden lassen, um Spenden für mein Projekt zu sammeln!! Ich freue mich über JEDEN, der kommt. Informationen über das Projekt und mein Patenschaftsprogramm gibt es dann dort und ich kann- mit der Planung beschäftigt- nur sagen, dass es sich wirklich lohnt!!

Also bis dann!!! :-)

Montag, 28. April 2014

Es ist näher, als gedacht!!

Meine Augen starren unbeweglich auf das kleine blinkende Feld..."descending" sagt es mir.
Dutzende Menschen stehen um mich herum, keinen einzigen kenne ich. Und doch verbindet uns alle ein Ziel: gleich, gleich wird sich die Anzeige in "gelandet" ändern und dann, werden die Türen aufgehen und die lieben Menschen, die wir so lange vermisst haben, werden aus diesen Türen herausquellen. Müde und zerknittert- aber wir werden sie sehen. Sie in die Arme nehmen und sagen können: Herzlich Willkommen zu Hause!
Ein großes Schild rechts von mir, ein junger Mann vor mir hält einen Strauß Rosen in der Hand. Links sehe ich glänzende Herzluftballons.
So habe ich meine beste Freundin letzte Woche vom Flughafen abgeholt. Und mit all dem Stewardessen und Flugesellschaftsschaltern, mit den großen Koffern und blinkenden Anzeigen, mit den glatten Böden und den schönen Glastüren verströmt der Flughafen eine ganz besondere Atmosphäre... Bald ist es auch für mich so weit, schießt es mir durch den Kopf.
Bald bist du diejenige, die durch diese Türen verschwindet.
Es ist näher, als gedacht!!